
Change? Ja. Aber bitte nicht schon wieder.
Thema: Change Readiness
Der 1. Mai ist Tag der Arbeit – für viele ein Symbol des kollektiven Strebens nach fairen Bedingungen. Heute dürfen wir weiterdenken: Wie kann Arbeit nicht nur Schutz, sondern auch Sinn bieten? Wie gelingt ein Wandel, der nicht überrollt, sondern mitnimmt? Für mich in diesem Jahr ist 1. Mai auch der Startpunkt von epovia – meinen Raum für Wandel mit Sinn. Zum Auftakt meines Unternehmens widme ich mich einem Begriff, der viel tiefer geht als die klassische Vorstellung von Veränderungsprozessen: Change Readiness. Die Bereitschaft, Wandel zuzulassen – emotional, strukturell, kulturell.
Während sich das Change-Management oft auf Zeitpläne, Meilensteine und Methoden konzentriert, fragt Change Readiness: Sind Organisation und die Menschen innerlich bereit? Das Konzept beschreibt also den psychologischen und kulturellen Zustand einer Organisation – ihre innere Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen. Vor über 30 Jahren pointierten Armenakis & Harris (1993, 2002): Veränderung gelingt, wenn Sinn und Vertrauen in der Organisation spürbar sind. Die neuere Forschung (z. B. Holt et al., 2007) erweitert dies um die Bedeutung von Kommunikationsqualität und Führungsklima. Und Konzepte wie das Resonanz-Prinzip (Rosa, 2016) oder auch Frederic Laloux’ Idee der selbstorganisierten Organisationen (2017) zeigen: Es braucht Räume der Beziehung und Reifung, nicht nur Pläne.
Und genau da beginnt die Verantwortung von Führung.
Zunächst: Change Readiness lässt sich nicht befehlen. Aber sie lässt sich fördern – durch ein Arbeitsumfeld, das Sicherheit und Dialog bietet. Führungskräfte sind gefragt, Signale zu erkennen: Wo ist Unsicherheit? Wo gibt es Angst vor Kontrollverlust? Wo entsteht Energie für Neues? Ein gutes Change Readiness-Radar braucht vier Sinne:
- Hören – Wer spricht mit und wer schweigt?
- Spüren – Wo ist Spannung, wo Neugier?
- Verstehen – Welche bisherigen Erfahrungen prägen die Menschen?
- Stärken – Welche Ressourcen sind da – individuell und kollektiv?
Führung bedeutet in dieser Perspektive, Räume zu öffnen – für Reflexion, Partizipation und sinnstiftende Erzählung. Es bedeutet, Resonanz zu schaffen – zwischen dem, was ist, und dem, was sein kann. Und manchmal bedeutet es also auch, selbst zu sagen: Ich weiß es gerade auch nicht – aber ich bin hier.
Heute starte ich mein Unternehmen.
Ich bringe Wissen mit, Erfahrung, Leidenschaft. Und doch weiß ich: Ich werde üben müssen, es wird Veränderungen geben. Denn Change Readiness beginnt bei mir. Ich nehme mir vor, Wandel nicht als Projekt zu begreifen, sondern als tägliche Übung. So wie früher, als ich noch als Personalerin Gästegruppen über den Hof eines Unternehmens führte – meine Gummistiefel standen irgendwann immer griffbereit im Büro. Oder neulich, als ich beim Kunden jedes Mal das Hotelfahrrad nahm, um zum Workshop zu fahren. Zwei Kilometer bayrische Idylle – und jedes Mal vergaß ich, dem Hotel zu sagen, dass das Vorderlicht kaputt ist. Also schob ich abends brav das Rad zurück, nie wieder. Nächste Woche bin ich wieder dort. Ich wette, das Fahrrad wartet schon.
Veränderung ist selten bequem. Aber sie ist oft komisch. Und meistens lehrreich. Ich will mich verändern, weil ich weiß: Wer Wandel begleiten will, muss ihn selbst leben. Also nehme ich mir heute vor: Nicht perfekt sein. Sondern bereit. Bereit, mich zu verändern. Bereit, zu lernen. Bereit, Organisationen dabei zu helfen, dass Wandel nicht wehtun muss – sondern wirken darf.
epovia – Wandel mit Sinn. Und Licht.